Der Kampf gegen die Ärmsten…
Durch einen Freund wurde ich darauf aufmerksam, dass an der Grünanlage Wiener Platz, an der Ecke der Reitbahn- und Breslauer Straße, Parkbänke entfernt wurden, auf denen er zuvor öfters Obdachlose nächtigen gesehen hat. Darauf hin hab ich bei der Stadtverwaltung nachgefragt, was es damit auf sich hat, die Antwort war sehr deutlich.
Aus welchem Grund wurden die Sitzbänke entfernt?
“Es gab massive Beschwerden vorwiegend von Anliegern und Geschäften über starke Vermüllung der Bankplätze. Die Nutzung der Bänke als Schlafmöglichkeiten durch Obdachlose war ein weiterer Grund die Bänke zurück zubauen.”
Dazu sollte erwähnt werden, dass die Grünfläche und Umgebung als solches schon länger regelmäßig stark verschmutzt ist. Bereits im Jahr 2016 waren wir dort als Ortsbeirat Dresden-Altstadt mit der “Sauber ist schöner”-Aktion und haben etliches an Müll aufgesammelt, in der Zeit danach, konnte beobachtet werden, wie der Platz wieder Stück für Stück vermüllte, ein plötzliches Vermüllen, allein durch Obdachlose scheint also eher unwahrscheinlich.
Dass die Stadt jetzt aber tatsächlich anfängt Parkbänke abzureißen, um Obdachlose zu vertreiben, ist eine enorm bedenkliche Entwicklung. So etwas kenne ich bisher nur von Meldungen aus wohlsituierten Wohngegenden wie in München. Im Endeffekt geht es hier nur darum, kosmetische Schönheitsreparaturen am Stadtbild zu vollziehen, das Problem der Obdachlosigkeit wird damit nicht gelöst, sondern unsichtbar gemacht. Ganz nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn. Ich frage mich, ob es, wie in der Antwort auf meine Anfrage behauptet Anwohner*innenbeschwerden waren oder eher die Eigentümer der neu gebauten, hochpreisigen Apartments im Wiener Loch.
Anfrage_ParkbänkePDF-Datei (2,03 MB)
Welcher Teil der Stadtverwaltung dafür verantwortlich war, dass diese Bänke entfernt wurden und was aus Sicht der Verwaltung passieren muss, dass sie wieder aufgestellt werden, versuche ich im nächsten Schritt herauszufinden.
In der Presse:
- Dresden baut Obdachlosen-Schlafplätze ab | Sächsische.de
- Dresden baut Bänke wegen Obdachlosen ab | BILD.de
Der Trend der “defensiven Architektur”
Anstatt sich der Probleme anzunehmen, wird sich in einigen Städten Deutschlands der sogenannten “defensiven Architektur”, besser “feindlicher Architektur”, bedient. Dabei geht es darum, Orte, an denen sich beispielsweise Trinker*innen, Punks, Obdachlose und andere marginalisierte Personen aufhalten, möglichst unbequem zu gestalten. Oft geht es dabei um Orte von touristischer Bedeutung oder die imagerelevant für die Stadt sind sowie wohlhabende Wohngegenden. Ziel ist es, die genannten Personengruppen dort möglichst auf Dauer zu vertreiben, damit die Probleme unsichtbar werden.
Aktuellstes Beispiel dafür dürfte der Versuch der Stadt Düsseldorf sein, die Rheinkniebrücke für Obdachlose als Schlafplatz unattraktiv zu machen.
Beispiele dafür sind auch:
- Sitzmöglichkeiten mit unebenen Sitzflächen oder mit Bügeln, die das Liegen verhindern sollen;
- Klassische Musik in Bahnhöfe – ohne Ende und ohne Pause, sich ständig wiederholende Lieder, übersteuerter Ton;
- das Einlassen von Steinen, Formelementen oder Bolzen in ansonsten ebene Flächen;
In San Francisco werden beispielsweise Roboter eingesetzt, um gegen Obdachlose vorzugehen.
Aber…
…es gibt auch eine Abkehr von dieser feindlichen Architektur. In Berlin hat die BVG in Absprach mit der LINKEN Sozialsenatorin im letzten Jahr zwei U‑Bahn Stationen, als sogenannte “Kältebahnhöfe”, über Nacht offen gelassen. Dort sind Sozialarbeiter und Sicherheitsdienst unterwegs.
Auch erwähnt werden sollte allerdings, dass in der Stadt Dresden auch eine ganze Menge im Bereich der Obdachlosenhilfe getan wird, eine Übersicht findet sich auf der Website der Stadt.